Leseprobe: Böhme, Dresden

Im Nymphenbad

Was gibt es hinterm Zwinger zu bestaunen?
Den Grottenhof mit Wassersturz und Teich.
Einst Königswunsch antik gestimmter Launen,
ein Gastgeschenk aus Neptuns feuchtem Reich.
Verliebte Paare waren eingeladen,
und kommen gern auch heute noch herbei
zum Wasserspiel von Brunnen und Kaskaden,
zu einer steingewordnen Zauberei.
Seeungeheuer äugen aus den Grotten,
sind bös auf jedes Hemdchen, jedes Tuch,
doch die nur knapp verhüllten Nymphen spotten
längst über jeden werbenden Versuch.
Auch die Tritonen schielen nach den Schönen
und beugten gern noch weiter sich nach vorn,
doch ihr Bemühen gilt zuerst den Tönen
aus dem so naß gespritzten Muschelhorn.
Die Nymphen schon entblößen Brust und Waden,
denn jede Hülle wird für sie zu eng.
Wann endlich können sie genüßlich baden
in ihrem traulich plätschernden Bassin?
Doch für die nackten steinernen Gestalten
bleibt Nacht und Nähe unerfüllt und kühl.
Nur Menschen können Amors Pfeil erhalten
und sich erfreun an sprudelndem Gefühl.
So dürfen Paare schon einander lieben
in Grotten oder Nischen, ungestört.
Hier unten wird so manches Spiel getrieben,
und keiner hat's gesehen und gehört.